16.04.2019

69. WITTENSTEIN-Vernissage: Kunst als Aufforderung zum Nachdenken und Handeln

Postmoderne Ölmalerei von Udo Jaeger: Die Ausstellung „Damokles“ stellt die Symbolik der alltäglichen Aufdringlichkeiten in den Mittelpunkt

Zum 69. Mal bietet die WITTENSTEIN SE einem Künstler aus der Region die Möglichkeit, im Atrium der Unternehmenszentrale in Igersheim-Harthausen auszustellen – am vergangenen Freitag stellte Udo Jaeger, der seit sieben Jahren in Igersheim wohnt, im Rahmen der sehr gut besuchten Vernissage seine Ölmalerei-Werke rund um das Thema „Damokles“ vor.

Der Ausstellungs-Titel greift die bekannte antike Sage des „Damokles-Schwertes“ auf: Damokles war zu einem Festmahl des Herrschers Dionysos eingeladen. Genießen konnte er die Annehmlichkeiten des Luxus jedoch nicht, da über ihm ein Schwert hing – lediglich von einem Rosshaar gehalten. Bis heute steht der Begriff des „Damokles-Schwertes“ für ein Gefühl von nahendem Unheil und drohender Gewalt.
 
Udo Jaeger nimmt diese Bedrohung in seine Bilder auf. Er stellt die täglich wiederkehrende Bedrängung von Nachrichten über Gewalt und Unheil in der Welt und auch das Machtlos-Sein gegenüber der Aufdringlichkeit von permanenter Informationsflut dar. „Ich hefte den Blick auf die uns täglich umgebende und auf uns einwirkende Wirklichkeit“, so Jaeger. Seine Werke in Öl sind von Surrealismus und Fotorealismus beeinflusst. Innerhalb der postmodernen Malerei fand Jaeger im Verlauf seiner autodidaktisch angeeigneten Kunst seinen eigenen „Neo-Stil“, der den Fokus auf die Symbolik setzt. 

Eben diese Ausdrucksform erfahren die Gäste gleich beim Eintreffen: Das erste Bild zeigt einen Teddybären wie aus dem Bilderbuch. Süß und flauschig schaut er drein. Doch eines stört die Idylle – über dem unschuldigen Subjekt hängt eben jenes Damokles-Symbol - in diesem Fall eine Axt. 


Ein weiteres Bild spielt mit dieser verhängnisvollen Ausdrucksweise. Es zeigt einen wunderschönen Schmetterling, der zwischen Hanteln umherfliegt, kurz bevor er wohl von einer dieser schweren Hanteln zerquetscht wird. 

Nicht nur die Symbolik des nahenden Unheils und der Vergänglichkeit nimmt der Künstler hier in seinen Werken auf, sondern auch das Spiel mit Gegensätzen baut Spannung auf: Hart und weich, leicht und schwer – im nächsten Bild dick und dünn. Ein sehr zentral gelegenes Kunstwerk stellt eine sehr voluminöse, leicht bekleidete Dame dar, mit mürrischem Blick. Sie sitzt auf einem Sessel, der in den nächsten Sekunden unter ihrem Gewicht zerbrechen wird. Hinter ihr steht dazu im Kontrast eine ausgemergelte, knochige Person, die bleich wie der Tod gemalt ist. „Über Schönheit lässt sich bekanntlich streiten“, so kommentiert der Künstler.

Jaeger will mit seiner Kunst Anlass geben, um über gewisse Dinge nachzudenken -  ob Politik, Krieg, Religion, übertriebene Schönheitsideale oder das alltägliche Leben in Hetze und mit Fast Food. Der Künstler stellt die Realität in übertriebener Form dar und spielt mit den Symbolen, sodass der Betrachter sich fast ertappt fühlt und sein eigenes Handeln überdenkt. Neben der vorherrschenden Ernsthaftigkeit, gibt es aber auch viele Momente mit gewissem Augenzwinkern in Jaegers Werken.
 

 

 

 

Trilogie mit Symbolik zum Nachdenken

 

„Ich könnte jedes Bild stundenlang betrachten und doch immer wieder Details entdecken“, äußerte sich eine Ausstellungsbesucherin erstaunt. Sie steht vor einer Trilogie, das aus einem Selbstporträt Jaegers und zwei darauf aufbauenden Werke besteht: Aus einem schwarzen Loch, in das der Künstler blickt und in welches Farbe läuft, entsteht im dritten Bild „die untere Etage“. Dieses Werk sei voller Symbole, erklärt Jaeger. Es zeige unter anderem einen Menschen im Maul eines Hais, der die Bedrohung noch nicht einmal erkennt. Gott wende sich von der „unteren Etage“ ab, da er das Werk des Menschen voller Gräueltaten nicht mehr ertragen kann. Die untere Etage zeigt beispielsweise eine aufgespießte Friedenstaube, Kindersoldaten, Bush, Trump, Hitler, mehrere Totensymbole, Tierquälerei und viele andere Symbole voller Gewalt. 


Was will der Künstler damit sagen? Jaeger lässt allen Interpretationen freien Lauf, möchte lediglich, dass sich das Individuum der Realität stellt und über sein Handeln nachdenkt. 

Volker Sprenger, Leiter Start-Up Galaxiesysteme der WITTENSTEIN SE, zeigte sich in seiner Moderation beeindruckt, wie der Künstler die Aufdringlichkeit in allen Lebensbereichen in seinem Werk aufnehme und darstelle. Mit mehreren Saxophon-Musikstücken von Barock bis Swing unterhielten Stella Sprenger und Laura Nöth das Publikum. Die Laudatio hielt Manuela Michel, Freundin und Nachbarin des Ehepaars Jaeger. Sie verfolge seit vielen Jahren die Entwicklung des Malers und sei gespannt auf weitere Inspirationen Jägers. 

 

 

 

 

Führung durch die Ausstellung mit dem Künstler geplant

 

Die Ausstellung „Damokles“ kann nach telefonischer Voranmeldung bei Claudia Geier (Tel. 07931 / 493-10642) bis zum Sommer 2019 im Atrium der WITTENSTEIN SE besichtigt werden. Geplant ist zudem bei ausreichendem Interesse eine Führung, bei der Udo Jaeger seine Werke ausführlich erklären wird.

 

 

 

Bild: 
69. WITTENSTEIN-Vernissage: Künstler Udo Jaeger (Mitte), Laudatorin Manuela Michel und Volker Sprenger, Leiter Start-Up Galaxiesysteme der WITTENSTEIN SE