12.04.2013

WITTENSTEIN: Wegbereiter für das Zukunftsprojekt Industrie 4.0

Als Innovationstreiber in der mechatronischen Antriebstechnik engagiert sich die WITTENSTEIN AG im Rahmen des Zukunftsprojekts Industrie 4.0 – der vierten Stufe der industriellen Revolution – maßgeblich bei der Entwicklung Cyber-Physischer Produktions­systeme (CPPS).

Im Pressegespräch auf der Hannover Messe zeigen Dr. Manfred Wittenstein, Vorstandsvorsitzender der WITTENSTEIN AG, und Dr. Bernd Schimpf, Bereichsvorstand Mechatronik der WITTENSTEIN AG, wie man die informationstechnische Hightech-Strategie bereits im eigenen Unternehmen umsetzt, aber auch im Rahmen von Forschungsprojekten vorantreibt. Kundenindividuelle Produkte und Produktionsprozesse, verkürzte Lieferzeiten, steigender Kosten- und Effizienzdruck sowie verschärfte Wettbewerbsbedingungen auf dem Weltmarkt: vor diesen Herausforderungen stehen heute und in Zukunft nahezu alle produzierenden Unternehmen in Deutschland. Die aktuellen Produktionstechnologien – gekennzeichnet u. a. durch spezifische Lösungsansätze wie Embedded Systems, Mechatronik, Lean Production und CIM – stoßen erkennbar an ihre Grenzen.

Die Zukunft liegt womöglich in der „informatisierten Produktion“: Der Mensch im Mittelpunkt der Produktion wird unterstützt durch intelligente Maschinen, globale Netzwerke und virtuelle Produktionstechniken. Solch intelligent integrierte Ressourcen ermöglichen die wandlungsfähige und effiziente Produktion individueller und intelligenter Produkte. Die Bundesrepublik Deutschland will hier Vorreiter sein und hat mit Industrie 4.0 ein Zukunftsprojekt initiiert, das die Durchdringung der klassischen Produktionsstrukturen mit innovativen Informations- und Internettechnologien vorantreiben soll. Das Ziel ist die „Smart Factory“, die intelligente Fabrik, die sich durch eine nachhaltig gesteigerte Produktivität und Flexibilität auszeichnet.

Cyber-Physische Systeme: Grundlage von Industrie 4.0

Technologische Grundlage von Industrie 4.0 ist die Entwicklung Cyber-Physischer Systeme (CPS), die ihrerseits vernetzte Geschäfts- und Wertschöpfungsprozesse ermöglichen und auf diese Weise Produktionsprozesse wandlungsfähiger, flexibler, ressourceneffizienter und ergonomischer gestalten sollen. Um dies zu ermöglichen, müssen CPS über eingebettete Software verfügen, in Netzwerken jeder Dimension kommunizieren, mit Sensorik und Aktorik ausgestattet sein, Informationen umfassend bereitstellen, über eine Mensch-Maschine-Schnittstelle bedienbar sein und – besonders wichtig – verteilte Dienste aus dem Internet (Stichwort Cloud) nutzen. Nicht ohne Grund wird Cloud Computing von Experten als einer der Megatrends für die Fabrik der Zukunft eingestuft.

Mit der Entwicklung zum integrierten Mechatronikkonzern entsteht für WITTENSTEIN an diesem Punkt die technologische Brücke zum Zukunftsprojekt Industrie 4.0. Horizontal und vertikal vernetzte Produktionsstrukturen, Güter mit digitalem Produktgedächtnis, Menschen, die mit Maschinen reden, Kommunikation über Internettechnologien – die vierte Stufe der industriellen Revolution birgt eine Reihe von Chancen und Potenzialen. Produkte können so intelligent konzipiert werden, dass Funktionalitäten in Form sogenannter Industrie-Apps auch nachgeladen werden und damit echte Produktionspotenziale genutzt werden können.

Die gerade in der Entwicklung befindliche geberlose Positionierung ist ein Beispiel für eine solche nachladbare Produktfunktionalität: Sie soll sich über einen weiten Drehzahlbereich erstrecken, von Motor zu Motor übertragbar sein, durch alle modernen Regler unterstützt werden, als „App“ auf Servoverstärkern umsetzbar sein und auf diese Weise Vorteile hinsichtlich Preis, Robustheit und Redundanz erschließen. Darüber hinaus kann das Nachladen von Funktionalitäten zur Optimierung bestehender Produktionsprozesse führen – wie das folgende Beispiel von WITTENSTEIN tool drives eindrucksvoll belegt. Damit erfüllt Industrie 4.0 die unterm Strich wichtigste Zielvorgabe: Die Sicherung der Beschäftigung am Produktionsstandort Deutschland.

WITTENSTEIN tool drives: Mechatronischer Systembaukasten antizipiert Industrie 4.0

Ein Beispiel, wie an Industrie 4.0 angelehnte Produktionssysteme Investitions- und Betriebskosten senken, Produktivität steigern, die Wertschöpfung optimieren und so einen Technologiewechsel herbeiführen können, zeigt WITTENSTEIN mit dem modularen tool drives-System für die vollautomatische Holzbearbeitung. Basierend auf direktangetriebenen Werkzeugen für CNC-Mehrspindel-anwendungen und darauf angestimmten Komponenten integriert es alle mechatronischen Disziplinen in einem skalierbaren und flexiblen Systembaukasten. Wandlungsfähigkeit, Flexibilität, Ressourcen-effizienz, Ergonomie – alle Aspekte einer, etwas salopp formuliert, „Industrie 4.0-gerechten“ Auslegung werden abgedeckt. So kann jeder Anwender mit Hilfe eines Internet-basierten Systemkonfigurators sein tool drives-System in Eigenregie auslegen. Bohrbilder lassen sich sehr flexibel und wandlungsfähig programmieren; die Bohrmodule können auf ergonomische Weise beliebig ein- und umgesteckt werden. Energie- und Rohstoffressourcen werden geschont, denn keine Spindel dreht sich unnötig – es sind nur die für den Bearbeitungsauftrag erforderlichen Bohrmodule aktiv.

Schließlich tragen kundenorientierte Dienstleistungen dazu bei, die Komplexität zu reduzieren, die Marktattraktivität des Systems zu erhöhen und ein hohes Maß an Investitionssicherheit zu gewährleisten. Das tool drives-System als CPS erfüllt bereits erste zentrale Anforderungen und Erwartungen an die Vorgaben von Industrie 4.0.

CPS-Anwendungsszenario in der „Urbanen Produktion der Zukunft“

In der Fertigung am Sitz des Verzahnungsspezialisten WITTENSTEIN bastian GmbH in Fellbach wird Industrie 4.0 produktionstechnisch konkret. In der dortigen „Urbanen Produktion der Zukunft“ werden intelligente Antriebe und CPS-Module, z. B. Maschinen, Werkzeuge und Maschinencluster, in einer echten Fertigung erprobt. Die so genannte „Schaufensterfabrik“ zeigt zukünftig, wie Produkte und Konzepte im Rahmen von Industrie 4.0 an realen Maschinen und Anlagen umgesetzt und wie einzelne CPS-Module in einer informationstechnischen Referenzarchitektur integriert und vernetzt werden.

Aktives Engagement bei CyProS

Produktivitäts- und Flexibilitätssteigerung durch die Vernetzung intelligenter Systeme in der Fabrik – d. h. durch die Verschmelzung von Produktions- und Internettechnologie – sind das Ziel des Forschungsprojektes CyProS, in dem sich WITTENSTEIN seit dessen Start im September 2012 als Konsortialführer engagiert. Im ersten Schritt geht es dabei um die Schaffung eines repräsentativen Spektrums Cyber-Physischer Systemmodule für Produktions- und Logistiksysteme. In einer weiteren Stufe sollen universelle Vorgehensweisen, Hilfsmittel und Plattformen zur Einführung von CPPS bereitgestellt werden. Im finalen Schritt wird die technische und methodische Basis für den wirtschaftlichen Betrieb von CPPS und deren Umsetzung in realen Produktionsumgebungen geschaffen, wie sie WITTENSTEIN in der „Schaufensterfabrik“ zeigen wird.

Ein erstes Beispiel für die Nutzung von CPS sind intelligente Bauteile, die mittels sogenannten Smart Tags mit einem digitalen Handbuch vernetzt sind. Das darauf aufbauende interaktive Demonstrationssystem, das auf einem V-Drive-Getriebe von WITTENSTEIN alpha basiert, ist auf der Hannover Messe (Halle 2, Stand C24) zu sehen. Es verknüpft die greifbaren, physischen Bauteile mit Wissen aus einem digitalen Handbuch. Die beiden Demonstrationsszenarien beinhalten eine intelligente Montage des Getriebes sowie die Funktionsprüfung mit Fehlerkorrektur für ein nicht korrekt zusammengesetztes Getriebe. Die Vorteile dieses Ansatzes liegen auf der Hand: Neue Mitarbeiter könnten zukünftig durch eine intelligente Assistenz seitens des CPS schneller eingearbeitet werden. Fehler bei der Montage komplexer Bauteile und Komponenten werden frühzeitig erkannt und vermieden.

WITTENSTEIN Industrie-Campus: Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft

Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu Industrie 4.0 wird sein, die Lücke zwischen technologischer Erfindung (Invention) und deren wirtschaftlicher Umsetzung als Innovation zu schließen und so einen zeitnahen Praxisbezug zu schaffen. Konkret heißt das, die mit Industrie 4.0 verbundenen Technologien und deren Nutzungspotenziale anhand konkreter Anwendungsfälle erlebbar zu machen. Hierzu denkt man bei WITTENSTEIN an einen „Industrie-Campus“, d. h. an ein Institut, dass sich federführend mit der Umsetzung von Industrie 4.0 in konkrete Produkte, Prozesse und Geschäftsmodelle beschäftigt. Gleichzeitig ermöglicht das Projekt Industrie-Campus die interdisziplinäre Ausbildung von Nachwuchsfachkräften, wobei die klassischen Ingenieurswissenschaften mit den modernen Informations- und Kommunikationstechnologien verschmelzen. WITTENSTEIN wird sie einmal „Innovationspioniere“ nennen.

WITTENSTEIN ist somit auf vielfältige Weise ein wichtiger Wegbereiter für Industrie 4.0 und leistet damit auch einen wichtigen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit und Standortsicherung deutscher Unternehmen in eine Zukunft, die gerade erst beginnt.

Bilder

  • Blick in die Urbane Produktion der Zukunft bei WITTENSTEIN bastian
  • Erfüllt alle Anforderungen an Flexibilität und Intelligenz: der mechatronische Systembaukasten von WITTENSTEIN tool drives
  • Geberlose Positionierung als ein Beispiel für nachladbare Funktionalitäten: der Antriebsverstärker simco drive von WITTENSTEIN motion control