25.05.2014

ENTREPRENEUR 4.0 AWARD 2014: Industrie 4.0 im Spiegel der Fotografie

Preisverleihung und Ausstellungseröffnung „Portraying Visions“ in der WITTENSTEIN Innovationsfabrik

Es dämmert, das Tal liegt in Dunkelheit, die Lichter der Stadt schimmern. Ein Kirschbaum steht in dieser Nacht in voller Blüte. Viel Zeit bleibt nicht, schon fliegen die Blütenblätter durch die Luft, sie segeln umher, vergängliche, flirrende Lichtimpulse vor dem Hintergrund der Dunkelheit. Mit seinen Aufnahmen aus der Serie „Hanami 4.0“ (jap. für „Blüten betrachten“) hat Sascha Weidner (*1976) den ersten ENTREPRENEUR 4.0 AWARD-Fotografiewettbewerb gewonnen. Mit der Preisverleihung im Rahmen der Eröffnung der WITTENSTEIN Innovationsfabrik am 23. Mai 2014 ist auch die Ausstellung „Portraying Visions“ eröffnet. Sie kann ab Juni 2014 – nach Voranmeldung (Tel. 07931/493-10463, E-Mail: veranstaltung@wittenstein.de) – in Igersheim-Harthausen besucht werden.

Initiiert wurde der ENTREPRENEUR 4.0 AWARD vom Unternehmer Dr. Manfred Wittenstein gemeinsam mit der Fotoagentur immagis. Der Kunstpreis steht für eine neue Dimension des unternehmerischen Handelns. Denn nicht nur die Produktion wird sich durch die 4. Industrielle Revolution verändern, auch die Gesellschaft ist herausgefordert: „Industrie 4.0 betrifft uns alle. Es ist daher wichtig zu erfahren, wie die Künstler uns, die Unternehmer sehen.“ Dr. Manfred Wittenstein möchte die Vernetzung der industriellen Produktion zu einem Teil der gesellschaftlichen Veränderungen werden lassen und auch die Künste aufrufen, ihren Beitrag zu leisten. Fotografie bietet dafür die besten Voraussetzungen, ist doch der Ausgangspunkt einer fotografischen Arbeit immer das Vorhandene, das der Fotograf mit seinen ständig größer werdenden technischen Möglichkeiten bearbeiten, aber auch in einen neuen Kontext setzen kann.

Die Verantwortung des Unternehmers in der Zukunft

Mit dem ENTREPRENEUR 4.0 AWARD soll ein breiter, interdisziplinärer Diskurs über die Aufgaben des Unternehmertums in der Öffentlichkeit angestoßen werden. Denn Dr. Manfred Wittenstein, Aufsichtsratsvorsitzender der WITTENSTEIN AG, möchte mit dem Fotografiewettbewerb eine Veränderung in Gang bringen, wie sie bislang in der Kunst noch nicht üblich ist. Zwar gibt es zahlreiche von Unternehmen ausgerichtete Fotopreise, doch bleiben die Ziele dieser Wettbewerbe oft statisch. Spannender wird es, wenn – wie es die Zielsetzung dieses Kunstpreises formuliert – möglichst viele Menschen eingeladen werden sollen, sich zu interessieren und mitzumachen. In der langfristigen Intention des Unternehmers WITTENSTEIN liegt es nämlich, dass sich nach und nach auch andere Unternehmer des ENTREPRENEUR 4.0 AWARD annehmen und ihm mit ihrer Idee und ihrer eigenen Interpretation des Unternehmertums auch andere, neue Richtungen geben. Entstehen könnte dadurch im Laufe der Jahre ein weltweites Netzwerk an Ausstellungsflächen für Fotokunst in Unternehmen und darüber hinaus ein sehr individueller Dialog zwischen Fotokünstlern und dem ausrichtenden Unternehmen.

„Wenn es uns gelingt, das Thema auf einer möglichst breiten Basis zu beleuchten, zu durchdringen und zu verstehen, müssen wir die Zukunft nicht schicksalhaft erdulden, sondern können sie aktiv mitgestalten“, so Dr. Manfred Wittenstein.

Kunst produziert Wissen

Für die WITTENSTEIN AG haben sich durch diesen Dialog beeindruckende Beiträge internationaler Fotokünstler ergeben, eine Auswahl der Arbeiten ist nun in den Räumen der neu eröffneten WITTENSTEIN Innovationsfabrik zu sehen – eine ebenso ungewöhnliche wie zugleich ideale Umgebung für das Thema des Wettbewerbs. Dazu passt, was der erste Preisträger Sascha Weidner selbst über seine prämierte Werkserie „Hanami 4.0“ sagt: „Wie die Natur sich immer neu formiert, erneuert, sich unterschiedlichsten Begebenheiten anpasst, so kann sie auch exemplarisch für die Industrie sein; neu formierend in Ansammlungen und Verbindungen, aufblühend in voller Pracht, vergehend, um neuen Bedingungen Tribut zu zollen, damit der Kreislauf der natürlichen Evolution mit den industriellen Prozessen einher geht.“

Und Bastian Gehbauer, Gewinner der Kategorie Studenten, untersucht in seiner Arbeit „Zirkel I.“ die Korrelation zwischen dem Archaischen im Menschen, das über alle Epochen unverändert bleibt, und dessen fortschreitenden Drang zur Technisierung und Optimierung: „Wie wir lieben, uns fortpflanzen, ernähren und sterben, zeigt, wer wir sind, wo wir sind und wann wir sind."

Der Wettbewerb, die Preisträger, die Ausstellung

Für die Teilnahme am Wettbewerb wurden 30 internationale Fotografen von Katia Reich (Kuratorin des Festivals „Europäischer Monat der Fotografie“, Berlin), Dr. Anja Osswald (Kulturwissenschaftlerin/Kreativdirektorin der Ausstellungsmacher TRIAD, Berlin) und Dr. Matthias Harder (Kurator der Helmut Newton Stiftung, Berlin) nominiert. Sie hatten sich der Aufgabe gestellt, ihren Ausdruck für die Industrie 4.0 zu finden. Die eingereichten Arbeiten geben einen Eindruck von der Bandbreite der Fotografie zu Beginn des 21. Jahrhunderts.

Eine Jury aus fünf Mitgliedern unter der Leitung des italienischen Fotografen Oliviero Toscani, der seinerzeit mit seiner Kampagne für Benetton Aufsehen erregte, entschied sich für Sascha Weidners Fotografien, weil sie „[…] von einem Arbeiten ohne Netz und doppelten Boden [künden] und […] im Prozess einer persönlichen Bildersuche von einer großen Risikobereitschaft [zeugen] – und gerade die künstlerische Autonomie gilt es im Rahmen eines solchen Wettbewerbs auszuzeichnen.“

Neben den Profis wurden auch zwölf Nachwuchskünstler der Ostkreuz-Fotoschule um ihre Arbeiten gebeten; drei Talente wurden ausgezeichnet: Bastian Gehbauer (*1985) schafft mit seinem Blick auf die zu Ende gehende Zeit der traditionellen Produktion eine Ästhetik, die die von ihm fotografierten menschenleeren Räume von ihrer Nützlichkeit befreit und zu poetischen Gebilden werden lässt. Mara Ploscaru (*1987) stellt mit ihren installativen Fotografien die Wirklichkeit in einen neuen, veränderten Zusammenhang. Julia Runge (*1990), die auch den Publikumspreis erhielt, erzählt mit ihrer dokumentarischen Fotografie von Chido Govera, einer Frau aus Simbabwe, die mit der Idee, auf Agrarabfällen Speisepilze zu züchten, genügend Geld verdient, um ihre Familie zu ernähren.

Ausgestellt werden in der WITTENSTEIN Innovationsfabrik insgesamt rund 50 Fotografien von zehn Fotografinnen und Fotografen: Neben den preisgekrönten Arbeiten auch Werke von Michael Najjar (*1966), Erwin Olaf (*1959), Claus Goedicke (*1966), Niko Luoma (*1970), Tyyne Claudia Pollmann (*1959), Daniel & Geo Fuchs (*1966 und *1969).

Die Preisträger werden im Rahmen der Eröffnung der WITTENSTEIN Innovationsfabrik ausgezeichnet. Der Wettbewerb ist mit insgesamt 23.000 Euro dotiert. Ein umfangreicher Katalog mit den Arbeiten aller nominierten Künstler des ENTREPRENEUR 4.0 AWARD 2014 und begleitenden Texten erscheint zur Ausstellungseröffnung.