07.04.2014

Am Ende steht immer ein Abschied: WITTENSTEIN-Seniorchefin Aenne WITTENSTEIN verstorben

Am Sonntag, 6. April 2014, verstarb die Igersheimer Unternehmerin Aenne WITTENSTEIN im Alter von 100 Jahren. Mit ihr verliert die WITTENSTEIN AG ihre beliebte Seniorchefin. Über 60 Jahre lang lebte sie im Taubertal. Mit großer Hingabe und Herzlichkeit war Aenne WITTENSTEIN stets und bis zuletzt der WITTENSTEIN AG aktiv verbunden.

„Meine Familie ist mein Ein und Alles“, sagte sie in einem Radiointerview zu ihrem 100. Geburtstag mit ihrer klaren Stimme. Gefragt, ob sie stolz auf die Entwicklung des Unternehmens sei, antwortete sie: „Stolz? Nein, ich bin glücklich, dass alles klappt. Aber Stolz liegt mir nicht.“    

Geboren wurde Aenne WITTENSTEIN am 21. August 1913, zusammen mit sieben Geschwistern wuchs sie in Aachen auf. Nach dem Besuch von Mittel- und Handelsschule machte sie eine Ausbildung zur Sekretärin. 1938, nach ihrer Eheschließung mit Walter Wittenstein, folgte sie ihrem Mann nach Berlin. Die drei Kinder Wolfgang, Brigitte und Manfred wurden während des Krieges geboren. 1943 wurde Aenne WITTENSTEIN mit ihren drei kleinen Kindern nach Ostpreußen evakuiert, kehrte schließlich unter schwierigen Bedingungen nach Aachen zurück. Erst nach dem Ende des Krieges erfuhr sie, dass auch ihr Mann seine Militärzeit überlebt hatte. In Steinheim bei Heidenheim fand die Familie ein gemeinsames Zuhause.

Zusammen mit Bruno Dähn entwickelte Walter Wittenstein eine Doppelkettenstich-Nähmaschine, mit der sich elastische Nähte fertigen ließen und 1949 gründeten die beiden Ingenieure die Firma Dewitta zur Herstellung dieser Nähmaschinen, Aenne WITTENSTEIN übernahm trotz ihrer familiären Pflichten die Büroarbeiten. Das Unternehmen hatte Erfolg, schon bald wurde der Platz in Steinheim zu knapp. Bad Mergentheim war eine der Gemeinden, die um das kleine, prosperierende Unternehmen warben und während ihr Mann und sein Geschäftspartner ein Gespräch mit dem Bürgermeister führten, schaute sich Aenne WITTENSTEIN die Stadt an. Vom ersten Moment an war sie eingenommen vom Taubertal und der Wertschätzung der Menschen für ihre Heimat. In den folgenden Jahren wurden die Handschuhnähmaschinen am Eissee in Bad Mergentheim gefertigt, doch auch hier wurde der Platz bald knapp. In Igersheim baute Dewitta ein neues Fabrikationsgebäude und hinter dem Firmengelände entstand das neue Wohnhaus der Familie WITTENSTEIN, anfangs waren im Erdgeschoss noch die Büros untergebracht.

In den seltenen Momenten, in denen Aenne WITTENSTEIN auf die Leistung ihres Lebens zurückschaute, erinnerte sie sich an die Brachfläche in Igersheim, vor der sie und ihr Mann Anfang der 60er Jahre standen – und dem, was sich daraus entwickelte. Schwierige Zeiten blieben jedoch auch in den Folgejahren Aenne WITTENSTEIN nicht erspart. Ende der 70er Jahre erkrankte Walter Wittenstein und ihr Sohn Manfred kehrte aus Berlin zurück an die Tauber, um die Leitung der väterlichen Firma zu übernehmen. Unter seiner Ägide entwickelte sich die WITTENSTEIN AG zu einem weltweit tätigen mechatronischen Unternehmen.

Aenne WITTENSTEIN zog sich aus der operativen Tätigkeit zurück, viele Jahre lang pflegte sie ihren Mann. Walter Wittenstein starb 1988. Aenne WITTENSTEIN blieb dem Unternehmen, an dessen Aufbau sie einen so bedeutenden Anteil hatte, über die Jahre hinweg verbunden. Regelmäßig wurden ihr die Umsatzzahlen berichtet und die samstäglichen Gespräche über die Entwicklung des Unternehmens wurden für Aenne und Dr. Manfred Wittenstein zu einer festen Größe in ihrem Terminplan.

Besuchte Aenne WITTENSTEIN die Veranstaltungen des Unternehmens, beeindruckte sie die Mitarbeiter damit, dass sie den Faden eines Gesprächs aufnehmen und sich an viele Details vorangegangener Gespräche erinnern konnte. Und auch, wenn ihre Besuche zuletzt seltener geworden waren, so behielt Aenne WITTENSTEIN die WITTENSTEIN AG dennoch im Blick. Sie ließ sich aus der Mitarbeiterzeitschrift vorlesen, sie beobachtete mit Sorge und später mit Erleichterung die Entwicklung der Wirtschaftskrise 2008/2009. Den Fortgang der Bauarbeiten an der  WITTENSTEIN Innovationsfabrik verfolgte sie im Wohnzimmer  über eine Webcam, die ihr via Intranet die neuesten Aufnahmen auf ihrem Fernseher zeigte. Am 21. August 2013 feierte sie voller Freude ihren 100. Geburtstag – zuhause im Kreise ihrer Familie und einer großen Gratulantenschar.

Ihre Kräfte ließen jedoch über den Winter merklich nach, die Sehnsucht nach Ruhe wurde größer als ihre Lebenslust. Ihre Familie ist dankbar für die vielen Jahre, die sie mit Aenne WITTENSTEIN verbringen durfte und sie ist traurig über den Abschied von ihr.   Die WITTENSTEIN AG und alle, die mit ihr zu tun hatten, verlieren mit ihrer Seniorchefin eine besondere Persönlichkeit. Vorstand, Aufsichtsrat, Belegschaft und Betriebsrat der WITTENSTEIN AG sind ihr zu großem Dank verpflichtet und werden ihr Andenken stets in Ehren halten.   Der Rosenkranz findet am Donnerstag, den 10.04.2014 um 18.30 Uhr in der Kirche St.Michael in Igersheim statt. Das Requiem beginnt am Freitag, den 11.4.2014 um 14 Uhr. Um 15 Uhr schließt sich die Beerdigung auf dem Friedhof in Igersheim an.